Fragen an acht Künstlerinnen
Frauen, wie wollen wir leben?
Gudrun Gut, Kim Gordon, Zaha Hadid, Gabriele Horn, Pipilotti Rist, Elisabeth Ruge, Angela McRobbie und Loretta Würtenberger erläutern ihre Sicht auf das Thema Feminismus oder denken schlicht darüber nach, welche Rolle das Geschlecht in ihrem Arbeitsfeld spielt. Ob in der Musik, der Architektur, der bildenden Kunst oder dem Management großer Kulturinstitutionen - manche Frauen bestehen in einem männlich dominierten Feld, begeistern und werden berühmt. Aber wie? Und ist das so we gen oder trotz ihres Geschlecht
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Arbeitet als Managerin und gründete die Agentur “Fine Art Partners“: die Juristin Loretta Würtenberger
Der Kunstmarkt fördert Offenheit
Loretta Würtenberger, grundsätzlich ist der Frauenanteil in der Kultur- und Kreativwirtschaft vergleichsweise hoch. Vor allem auf dem Sektor Kunstmarkt, der auch die Kunstproduktion mit einschließt, sind Frauen überdurchschnittlich vertreten. In kulturellen Spitzenämtern sowie in den vordersten Positionen von Kunst-Rankings sind Frauen jedoch nach wie vor eher selten zu finden. Warum?
Erfreulicherweise hat sich das in den vergangenen Jahren positiv verändert: Fast die Hälfte der deutschen Museen und ein Drittel der deutschen Galerien werden von Frauen geführt. Woran liegt das? Zum einen natürlich an den Frauen, deren Stärke und Können sich durchgesetzt haben. Zum anderen haben es ihnen die Strukturen des Kunstmarktes leichter gemacht als in anderen Wirtschaftszweigen. Denn hier hat das Vorurteilsfreie, das Offene Tradition, es liegt in der Natur der Sache und wird von der Kunst als Objekt der Auseinandersetzung eingefordert. So gibt es heute im Kunstmarkt nicht nur verhältnismäßig viele Frauen, sondern auch viele Paare, die gemeinsam Galerien leiten. In der traditionellen Wirtschaft mit den engeren Strukturen würde auch das kaum akzeptiert werden.
Ich selbst habe in beiden Welten gearbeitet. Zunächst zehn Jahre im Internet und in Banken, nun seit sechs Jahren im Kunstbereich - gemeinsam mit meinem Mann. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass der Unterschied gewaltig ist und die Kunst sehr viel mehr Raum für individuelle Lebens - und Arbeitsmodelle lässt. Dies hat es mir erleichtert, nicht nur eine Firma zu führen, sondern dies auch mit der Erziehung zweier kleiner Kinder zu verbind en. Allerdings sollte diese strukturelle Offenheit des Kunstmarktes nicht darüber hinwegtäuschen, dass es ein sehr schneller, sehr wettbewerbsorientierter und globaler Markt ist, dem man sich auch als Frau stellen muss, inklusive der vielen Reisen zu Kunst messen, Auktionen und Eröffnungen - auch dann, wenn die Kinder unter Umständen anderes fordern.
Ich selbst habe diesen Spagat hinbekommen, weil ich einen Mann habe, mit dem ich mir nicht nur die Verantwortung für unsere Firma, sondern auch die für die Ki nd er teile. Für Künstlerinnen ist der Nachholbedarf größer. Nach wie vor gibt es geschlechtsspezifische Ausstellungen, wie etwa „Die Frauen des Bauhauses“ oder „Künstlerinnen der Avantgarde“, die für mich das deutlichste Signal sind, dass bei der Beurteilu ng von Künstlerinnen oft noch die Frage des Geschlechts mitschwingt. Aber auch hier bin ich zuversichtlich und vertraue der Qualität der jeweiligen künstlerischen Positionen. Und ich bin sicher, dass die vielen, auch mächtigen Frauen in den Museen und Gale rien sich dafür einsetzen werden, dass sich diese Sichtweise durchsetzen wird.